Mehr als Münzenberg:
Thüringen und der Antikolonialismus
More than Münzenberg:
Thunringia and Anti-Colonialism
Thüringen wird vor allem über den Erfurter Kommunisten und Verleger Willi Münzenberg mit dem Antikolonialismus in Verbindung gebracht. Dieser rief die internationale League against Imperialism and Colonial Oppression ins Leben und brachte Antikolonialist*innen aus der ganzen Welt zusammen. In diesem Vortrag zeigen Arnab Dutta und Florian Wagner, dass es weitaus mehr Verbindungen antikolonialer Bewegungen nach Thüringen gab. Sie definieren zunächst Antikolonialismus, indem die sie diesen von deutscher „Kolonialkritik“ abgrenzen und Antikolonialist*innen aus dem Globalen Süden in den Blick nehmen. Trotz der meist gewaltvollen Unterdrückung wussten Antikolonialist*innen geschickt, die imperiale Infrastruktur für ihre antikolonialen Anliegen zu nutzen. Viele agierten dabei transimperial, so dass es auch aus Britisch-Indien und Niederländisch-Indonesien Beziehungen nach Thüringen gab. Damit entsteht ein breites Panorama antikolonialer Anliegen und auch Ambivalenzen, die allerdings alle dem Ziel der Unabhängigkeit untergeordnet waren. Ein Teil des Vortrags wird auf Englisch sein, eine deutsche Übersetzung aber zur Verfügung gestellt.
Arnab Dutta ist Doktorand für moderne und zeitgenössische Geschichte an der Graduate School for the Humanities, Rijksuniversiteit Groningen. Er ist außerdem Gastdoktorand am Institut für Ideengeschichte der Universität Uppsala, Schweden (2019-20), am Europäischen Hochschulinstitut Florenz, Italien (2021) und an der Global Intellectual History Graduate School der Freien Universität Berlin, Deutschland (2021-22). Er hat zuvor an der Jadavpur University, Indien, studiert und später seinen Erasmus Mundus Joint-Degree MA in European Studies in Göttingen, Groningen und Uppsala abgeschlossen. Seine Forschungsinteressen liegen in der Kultur- und Geistesgeschichte Südasiens, dem Deutschland der Zwischenkriegszeit und den Postcolonial Studies. Er schließt derzeit sein Dissertationsprojekt über die intellektuellen Verflechtungen zwischen dem Deutschland der Zwischenkriegszeit und Indien ab. Er wurde unter anderem mit dem Herzog von Arenberg-Preis 2018, dem Internationalen Weimarer Preis 2020 der Klassik Stiftung Weimar, dem Beyond Borders Scholarship der Zeit Stiftung, Deutschland, und dem Vossius Fellowship in the History of the Humanities and Sciences, University of Amsterdam, Niederlande, ausgezeichnet.
Florian Wagner ist Akademischer Rat für Zeitgeschichte und Geschichtsdidaktik an der Universität Erfurt und der Autor des Buches Colonial Internationalism and the Governmentality of Empire, 1893-1982. Er studierte Geschichte und Islamwissenschaften an den Universitäten Tübingen und Aix-en-Provence und promovierte am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz. Als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitäten Freiburg, Rostock und Hamburg veröffentlichte er mehrere Fachartikel zur Kolonialgeschichte Hamburgs, zur transimperialen Geschichte, zu (pan-)afrikanischen Perspektiven auf Deutschland und Europa und zur Geschichte von Segregation und Rassismus. 2018 war er Fellow im Programm Migration and Knowledge des DHI West an der University of California, Berkeley. Er ist zudem Schulbuchautor zum Thema Dekolonisierung und betreibt den Wissenschaftsblog transimperialhistory.com. Seit 2021 ist er in der Leitung der Koordinationsstelle für das Koloniale Erbe in Thüringen.
LAB 19. Juli 2022
Auditorium Coelicum (Domstrasse 10) in Erfurt
18-20 Uhr
Der Vortrag wird bilingual angeboten, eine deutschsprachige Übersetzung liegt als Handout bereit!