Die Niederlande tun sich immer noch schwer damit, anzuerkennen, dass sich ihre Streitkräfte während des indonesischen Unabhängigkeitskrieges (1945-1949) äußerst gewaltsamer Aktionen und Kriegsverbrechen schuldig gemacht haben. In Indonesien selbst sind Denkmäler und Grabstätten die stillen Zeugen dieses Kampfes, und es kursieren dort immer noch Geschichten darüber.
Peter Romijn hat zusammen mit seinem Mitautor Remco Raben in der kürzlich erschienenen Publikation Talen van Geweld (Amsterdam, 2023) untersucht, wie in der niederländischen Armee, der Kolonialverwaltung und im politischen Prozess die Schwere und das Ausmaß der Gewalt berichtet, diskutiert, vertuscht, manipuliert und politisch interpretiert wurde. Sie verfolgen systematisch den Weg der Informationsströme, angefangen von der Kriegsführung in den Dörfern und auf den Feldern Indonesiens über die Büros von Armeeführern und Kolonialverwaltern bis hin zu Politikern und Journalisten in den Niederlanden. Die Forschung zeigt, wie das Militär die Bereitstellung von Informationen über den Krieg dominieren konnte, wie administrative Mechanismen und koloniale Mentalitäten die Vertuschung erleichterten, wie niederländische Politiker wegschauten und wie indonesische Stimmen systematisch ignoriert wurden. Auf niederländischer Seite spielten Sprache und Informationsmanipulation eine entscheidende Rolle bei der Schaffung von Unterstützung für den Kolonialkrieg.
Peter Romijn (1955) ist im Ruhestand als Forschungsleiter des NIOD Instituts für Kriegs-, Holocaust- und Genozid Forschung in Amsterdam sowie emeritierter Professor für Geschichte des 20. Jahrhunderts an der Universität von Amsterdam. Im Wintersemester 2014-15 war er Gastprofessor am Jena Center Geschichte des 20. Jahrhunderts.